Das Geodätische Institut (GIK) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) feierte am 30.11.2018 sein 150-jähriges Bestehen
Am 30. November 2018 fand die Jubiläumsfeier zum 150-jährigen Bestehen des Geodätischen Instituts des KIT mit zahlreichen geladenen Gästen statt. Als Gründungstag des Instituts gilt der 9.1.1868, an dem Wilhelm Jordan als Professor an den neu geschaffenen Lehrstuhl „Praktische Geometrie und Höhere Geodäsie“ berufen wurde. Seitdem strahlen diese Kernkompetenzen in zahlreiche Bereiche des Ingenieurwesens, was sich durch die aktuellen Bezeichnungen der Teilinstitute ausdrückt, die mit starkem Bezug zu Erdsystemwissenschaften, Geoinformatik und Sensorik dem Wandel in der Geodäsie hin zur Interdisziplinarität Rechnung tragen. |
Bereits die Grußworte spiegelten die große Bandbreite in den Aufgaben des Instituts wieder. Prof. Dr. Johannes Orphal (Institutsleiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung IMK und Vertreter der Helmholtz-Gemeinschaft) vertrat als Wissenschaftlicher Sprecher des Programms „Atmosphäre und Klima“ die Leitung des Bereiches IV (Natürliche und Gebaute Umwelt des KIT) und stellte gleichwohl den Bezug zu Forschung her. Er erinnerte beeindruckt an herausragende geodätische Leistungen, insbesondere die topographischen Arbeiten in den Anden im Gründungsjahr, und wies auf die heutige große Bandbreite des Berufsfeldes hin, die Pionierleistungen im interdisziplinären Umfeld ermöglicht. |
Felix Ehmer, der Vertreter der Fachschaft des Studiengangs Geodäsie und Geoinformatik, stellte das vorbildliche Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden heraus, wodurch die Studierenden sich hervorragend betreut fühlen. Herr Ehmer lobte die so genannte Hauptvermessungsübung und erläuterte die Facetten des Kompetenzerwerbs während der insgesamt 5-wöchigen Projektarbeit im Schwarzwald und zeigte das umfassende Engagement der Fachschaft, das so auch einem kleinen Studiengang gebührendes Gehör in Bezug auf die studentischen Belange in den Hochschulgremien verschafft. Natürlich blieben die zahlreichen Feste nicht unerwähnt, vor allem der NEDO-Cup, der als geodätische Olympiade dem Sommerfest vorangeht. |
Der Präsident des Landesamtes für Geoinformation und Landentwicklung (LGL) des Landes Baden-Württemberg, Dipl.-Ing. Luz Berendt, erläuterte in seinem Grußwort, dass die Geodäsie die Grundlage der deutschen Wirtschaftsordnung darstellt. Insbesondere hob er hervor, dass das Liegenschaftskataster weltweit als vorbildliche Modell gilt, das zahlreiche Nachahmer gefunden hat. Nachdrücklich wies er auf den Fachkräftemangel hin und betonte die Wichtigkeit der Nachwuchsförderung, die sowohl die Ausbildung als auch die öffentliche Verbreitung der Information eines gewandelten und sehr breiten Berufsfeldes einschließe. |
Die große Bandbreite des geodätischen Tuns zeigte sich auch in den folgenden Fachbeiträgen: Dipl.-Ing. Thomas Mitschang (Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz) hob die Digitalisierung als Veränderungstreiber und Chance hervor und wies darauf hin, dass die Millennials eGovernment und OpenGovernment erwarte. Daraus folge, dass auch das Landmanagement eine digitale Verwaltung benötige. Als Beispiel erläuterte er wesentliche Merkmale des Landentwicklungsfachinformationssystem LEFIS, womit ein neues Zeitalter in der ländlichen Bodenordnung beginne. Abschließend wies er eindrücklich auf das Nachwuchsproblem hin: allein für den von ihm vertretenen Bereich seien bis 2028 offene Stellen für 580 Bachelor- und 200 Masterabsolventen zu besetzen. Durch die geringen Anfängerzahlen wird jedoch nur ein sehr kleiner Bruchteil davon besetzt werden können, womit sich auch für diesen Bereich hervorragende Berufsaussichten ergeben. |
Prof. Dr.-Ing. Rudolf Staiger von der Hochschule Bochum nahm eine Standortbestimmung der Geodätischen Messtechnik im Jahr 2018 vor und zeigte den Wandel hin zum Verständnis des Gesamtmessprozesses auf, wobei für die Erzeugung qualitativ hochwertiger Ergebnisse nicht mehr nur die instrumentelle Komponente von Bedeutung sei, sondern die Berücksichtigung aller Einflussfaktoren. Es sei heute nicht mehr die Zahl (Koordinate) allein als Zielgröße erwünscht, sondern ein veredeltes Endprodukt im Sinne der Zielvorgaben der interdisziplinären Auftraggeber. Eindrucksvoll wies er auf die rasante Entwicklung in der Informatik hin, die eine ebenso rasante Entwicklung der Messtechnik nach sich ziehe. Somit ergeben sich auch hier vielseitige Beschäftigungsmöglichkeiten im Spannungsfeld der interdisziplinären Anwender. |
Prof. Dr.-Ing. habil. Steffen Schön (Leibniz Universität Hannover) erläuterte die Entwicklung von GPS zu Multi-GNSS sowie sich daraus ergebende neue Horizonte und innovative Anwendungen. Insbesondere die Ambivalenz zwischen Nutz- und Störsignal eröffne neue Möglichkeiten der Datennutzung. Beispielsweise sei heute die Ableitung von atmosphärischem Wasserdampfgehalt zur Stützung von Wettervorhersagen aus GNSS-Messungen möglich geworden, weil die Geodäsie ein ausreichend genaues Festpunktfeld bereitstelle. Neben anderen Beispielen sprach er die Möglichkeiten der hochpräzisen Zeitübertragung durch; das – primär als Positionierungssystem gedachte – GNSS an. In der Erforschung von Signalen und Sensoren sah er ein weites Betätigungsfeld von Geodäten. |
Die Festveranstaltung gewann durch exzellente musikalische Darbietungen eine feierliche und sehr spezielle Note, da alle Musiker den Studiengang Geodäsie und Geoinformatik begleiten. Die Veranstaltung klang mit einem Stehempfang aus, der Gelegenheit zu kreativen und inspirierenden Gesprächen gab. Auch diese spiegelten Interdisziplinarität wider, die gerade für die Geodäsie kennzeichnend ist. Auch wenn eine derartige Feier Anlass zum stolzen Rückblick gibt, so war auch in den Gesprächen der 110 Anwesenden zu spüren, dass nicht die Asche angebetet, sondern das Feuer weitergetragen wird. |
Nachempfinden lässt sich dieser Geist auch in der 381-seitigen Festschrift zur 150-Jahr-Feier, die von Dr.-Ing. Kurt Seitz (GIK) zusammengestellt wurde. Sie kann sowohl als Druckexemplar als auch als digitale Fassung unter https://www.ksp.kit.edu/9783731508564 (Band 2018-2 der Schriftenreihe des Studiengangs Geodäsie und Geoinformatik) bezogen werden. Da in den Gesprächen immer wieder thematisiert wurde, dass in allen Facetten des Berufsbildes trotz der aussichtsreichen Karrieremöglichkeiten noch immenser Nachwuchsbedarf besteht, sei darauf hingewiesen, dass Interessierte an einem Studium der Geodäsie und Geoinformatik sowohl auf unserer Homepage Informationen finden als auch zu einem persönlichen Gespräch bei allen unseren Mitarbeitern jederzeit willkommen sind. |